Der Ökumenische Hospizdiesnt Bad Arolsen

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Leben bis zum Schluß

Logo: Welt-Hospiztag 2021

Anlässlich des Welthospiztages 2021 unter dem Motto Leben bis zum Schluss stellte der Hospizdienst Bad Arolsen das Projekt des DHPV in zwei Gottesdiensten in der kath. Kirche St. Johannes Baptist Bad Arolsen vor. Die zentrale Idee des deutschen Hospiz- und Palliativverbandes war dabei, die Menschen, die gut begleitet verstorben sind, selbst zu Wort kommen zu lassen.

Die Grundaussage des Projekts lautet: „Das Leben kann gut zu Ende gehen, ohne es künstlich zu verlängern oder zu verkürzen, aber gut hospizlich begleitet und palliativ versorgt.“ Dies wird anhand von Zitaten von Menschen dargestellt, die von Hospiz und Palliativdiensten begleitet, ein gutes Leben bis zum Schluss geführt haben.

Mitten im Leben umfängt uns der Tod. Mitten im Leben sollten wir auch darüber sprechen. Und zwar nicht leise und schüchtern, sondern laut, offen und herzlich. In den letzten Jahren hat sich so viel verändert im Selbstbewusstsein der Hospizdienste, in der Öffentlichkeitsarbeit und den Angeboten.

Mit Mut und offenem Herzen sollten wir öffentlich über das Sterben sprechen. Mit Gefühl und Achtsamkeit denjenigen begegnen, die von Trauer und Verlust überwältig sind. Die heutige Hospizbewegung – in Deutschland gehören ihr ca. 90000 Menschen an – ist eine Bürgerinitiative mit dem Ziel, Menschen zu ermöglichen, in Würde zu sterben. Dabei stellt Würde den Wert da, den die Begleitenden (Sterbende und deren Angehörige) formulieren.

Hospiz ist nicht an einem Ort gebunden. Hospiz heißt sich dem Leben zu stellen und dazu gehört die Lebensphase Sterben zu gestalten. Das kann an jedem Ort sein. Zuhause, in Altenpflegeeinrichtungen, in Einrichtungen der Behinderten Hilfe, im Krankenhaus.

Zentrale Anliegen in der Hospiz Arbeit sind dabei: Zeit haben, zuhören, geschehen lassen, die Banalitäten des Lebens und des Alltags zu ermöglichen, das Leben bejahen und das Gehen begleiten. Für den ambulanten Hospizdienst heißt das, an jedem Ort diese Haltung zu leben, an dem Unterstützung benötigt wird.

Das Angebot ist kostenfrei. Als wesentliches Merkmal der Hospizbewegung ist die Basis der Ehrenamtlichkeit zu sehen.

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Mein Name ist Heike Michel, ich bin seit 2017 ehrenamtliche Mitarbeiterin im ambulanten ökumenischen Hospizdienst Bad Arolsen

Heike Michel

In einen 8-monatigem Befähigungskurs wurde ich auf meinen Dienst vorbereitet. Während einer Begleitung unterstützen mich die Koordinatorinnen und bei monatlichen Treffen tauschen wir uns gemeinsam mit allen Begleitern und den Koordinatorinnen aus. Einige Menschen habe ich auf einem Stück ihres Lebensweges begleitet und mich auf ihre spezielle Situation eingelassen. Meine Arbeit als Hospizbegleiterin ist vielseitig, interessant, abwechslungsreich und wird immer von dem Menschen bestimmt, den ich begleite. Zuhören, Gespräche führen, schweigen, lachen, beten, singen, vorlesen, spazieren gehen, Kaffee trinken, trösten, die Hand halten, in den Arm nehmen u. s. w.; ich mache das, was der Kranke möchte. Mir werden schöne und traurige Ereignisse anvertraut; ich höre von Ängsten, Sorgen und Krankheiten.

Die Angehörigen der Menschen, die ich begleite, sind oft sehr belastet und am Ende ihrer Kräfte. Durch meine Besuche möchte ich ihnen einen kleinen Freiraum schaffen, notwendige Dinge zu erledigen oder einfach Zeit für sich zu haben. Oft führe ich auch sehr intensive Gespräche mit ihnen. Meistens besuche ich die Kranken einmal in der Woche, aber im akuten Sterbeprozess stehe ich auch öfters zur Verfügung. Wenn ich einen Schwerkranken ein Stück seines letzten Lebensweges begleiten darf und dazu beitrage, dass er in Würde zu Hause sterben kann, dann werde ich ruhig, zufrieden und dankbar.

In der Corona Pandemie habe ich Frau R. Anfang 60 und deren Familie begleitet. Am Anfang habe ich mir die Frage gestellt “Wie passen Abstandsregeln und Nähe zueinander“?

Frau R. war schwerst chronisch krank und lebte seit kurzem in einer Pflegeeinrichtung. Die Familie berichtete mir in einem Gespräch, dass Frau R. viel Zeit in der Pandemie in ihrem Hobbyraum verbracht habe. Sie mache alles mit sich allein aus und habe immer sehr still und zurückgezogen gelebt. Drei Wochen geben ihr die Ärzte noch, erzählte mit der Ehemann. Er mache sich große Sorgen um sie. Darf ich mit ihr über ihren bevorstehenden Tod reden, mache ich ihr nicht noch mehr Angst? Diese Gedanken der Familie nahm ich mit zu meinem ersten Besuch. Ich traf Frau R. liegend im Bett an, es schien ihr nicht gut zu gehen. Nachdem die Pflegenden sie mit Medikamenten versorgt hatten setzte ich mich zu ihr. Wer sind Sie? Ich komme von ihrem Sohn und soll einmal nach ihnen schauen, ist ihnen das recht? Sohn, dass brachte ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht. Wir unterhielten uns ein wenig…vorsichtig…herantastend. Darf ich morgen wiederkommen? Frage ich Frau R.? Sie schaute mich an und sagte: Gerne.

Am nächsten Tag saß Frau R. auf der Bettkante. An diesem Tag erzählte sie von sich, ihrem Sohn, ihrem Hobbyraum, ihrem Leben. Zum Abschied streckte sie mir ihre Hand hin und sagte:“ Bis Montag „. Innerlich ging ich erleichtert nach Hause. Ich hatte das Gefühl einen kleinen Zugang zu ihr gefunden zu haben. Wie würde mein Besuch am Montag sein. Ich freute mich auf Montag.

Gleich früh am Montagmorgen rief meine Koordinatorin an. Frau R. sei in den frühen Morgenstunden verstorben. Ich war überrascht, geschockt. Der Tod hatte sich nicht abgezeichnet und ich wollte sie doch gerade besuchen. Im Gespräch mit der Koordinatorin überlegten wir uns spontan Abschied von der verstorbenen Frau R. zu nehmen. Die Pflegeeinrichtung gestattete uns einen letzten Besuch bei Frau R.

Wir gingen in ihr Zimmer. Es war sehr still, totenstill. Frau R. hatte einen entspannten Gesichtsausdruck und wirkte ganz friedlich. Wir setzten uns zu ihr und hingen unserer Gedanken nach.

Ich hatte mein kleines Büchlein dabei „Nicht allein gelassen“ und fasste den Mut daraus vorzulesen, da ich wusste, dass Frau R. Trost im Gebet gesucht hatte.

Leben bis zum Schluss


Mein Name ist Barbara Liese. Seit 2017 bin ich ehrenamtliche Mitarbeiterin im ambulanten ökumenischen Hospizdienst Bad Arolsen.

Heike Michel

Als ich vor einigen Jahren angefangen habe, mich für die Hospizarbeit zu interessieren, fand ich es sehr schwierig, an Informationen zu kommen, um sich ein Bild von dieser „Arbeit“ zu machen. Deshalb bin ich gerne bereit, an dieser Stelle etwas über meine Erfahrungen zu schreiben, um anderen vielleicht einen kleinen Einblick in die Hospizarbeit zu gewähren.

Am Anfang stand der Befähigungskurs. Wir trafen uns in einer Gruppe von 17 Interessierten Menschen über einen Zeitraum von acht Monaten alle zwei Wochen mittwochs. Es herrschte eine offene Atmosphäre, die genug Raum für jeden Einzelnen von uns bot. Für unsere Ängste, Sorgen und eigenen Erfahrungen in dem Thema. Geleitet wurde dieser Kurs von unserer Koordinatorin. Aber auch externe Referenten zum Thema Palliativmedizin, rechtliche Fragen, basale Stimulation, Kommunikation schulten uns. Aber kann man das STERBEN und den Umgang damit erlernen? Ja, der Kurs hat mir auf der einen Seite viel Sicherheit und Wissen vermittelt. Aber es ist die Begegnung mit den Sterbenden die mich befähigt hat mit dem Thema Tod und Sterben umzugehen. Ich habe dabei eine ganz persönliche Entwicklung erlebt. Auch die Gemeinschaft in dem Kurs diesen Weg gemeinsam zu gehen war für mich sehr hilfreich und wertvoll. Ich fühlte mich nicht allein gelassen.

Im Herbst 2018 machte ich mich dann auf den Weg, gemeinsam mit meiner Koordinatorin zu meiner ersten Sterbebegleitung. Ich war schon ein wenig aufgeregt, was würde mich erwarten, konnte ich dieser Aufgabe und dem sterbenden Menschen gerecht werden?

Wir fuhren in ein kleines Dorf, dort wartete das Ehepaar L. auf uns. Der Ehemann mit Anfang 70 war der Patient. Die Ehefrau Ende 60 versorgte ihren Mann. Als wir bei dem Ehepaar eintrafen zeigte sich ein Bild von großer Überforderung seitens der Ehefrau. Der Ehemann lag im Pflegebett im Wohnzimmer. Symptome von Angst und Schmerzen waren zu erkennen.

Die Ehefrau wirkte verzweifelt. Sie wolle doch, dass ihr Mann zuhause versterben kann. Aber schaffe ich das allein? Sie habe große Angst vor dem Verlust und dem Alleinsein. Sie erzählte uns von der sozialen Isolation im Dorf. Die Wohnung befand sich in einem großen Durcheinander. Das „Durcheinander“war äußerlich wie innerlich bei dem Ehepaar zu spüren.

Sie war froh endlich Hilfe zu bekommen, nicht allein zu sein. Wir überlegten gemeinsam, wie diese Hilfestellung bei dem Ehepaar aussehen könnte. Im Kurs hatten wir die Definition von der WHO zur Hospizarbeit gehört:

Der Hospizgedanke lebt aus der Hoffnung und Überzeugung, dass sich die Menschen soweit geistig und spirituell auf den Tod vorbereiten können, dass sie bereit sind ihn anzunehmen.

In meiner Begleitung des Ehepaars L. durfte ich erleben, dass dieser Satz seine Berechtigung hat.

Über einige Wochen besuchte ich das Ehepaar L. Es entstand vorsichtig und behutsam eine Beziehung. Frau L. erzählte mich von der Geschichte ihres Kennenlernens, der langen schweren Erkrankung ihres Mannes, dem Rückzug von Familie und Freunden. Ich blieb bei Herrn L. wenn seine Frau sich einen Frisörbesuch gönnte oder einen eigenen Arzttermin hatte. Dann saß ich an seinem Bett, war DA und schenkte ihm meine Nähe. Meistens schlief Herr L.

Er wirkte auf mich in diesen Situationen nicht belastet. Manchmal verlangte er nach einem Schluck Wasser. Wenn seine Frau von ihren Erledigungen zurückkam, huschte ein Lächeln über sein Gesicht. „Mein Schatz, nun bin ich wieder bei dir, sagte sie dann. Der kleine Hund Fritz war immer mit dabei. Das „Durcheinander“ im Äußeren und im Inneren beruhigte sich.

An einem Abend kam ich zu Besuch. Ich kam in eine heimelige Atmosphäre. Kerzen brannten, Blumen hatte Frau L. für ihren Mann aus dem Garten geholt. Ob ich eine Runde mit Fritz gehen könnte. Sie wolle ein wenig Zeit mit ihrem Mann allein verbringen. Nach einem langen Spaziergang mit Fritz empfing mich Frau L. mit den Worten „Es ist nun alles besprochen. Nun ist es gut“.

Herr L. verstarb in der Nacht im Beisein seiner Ehefrau und Fritz.

Leben bis zum Schluss

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